Für Texter, Jungautoren & kreative Rebellen

Die 9 Gebote der (lebenslangen) Kreativität

12/17/20245 min read

worm's-eye view photography of concrete building
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Warum sollte ich unter einer Schreibblockade leiden? Mein Vater doch auch nie unter einer Brummi-Fahrer-Blockade gelitten. - Roger Simon

1.) Werde Schriftsteller

Das bist du, per Definition, dann, wenn du (regelmäßig) Schrift stellst. Auf dem geschriebenen Wort baut ALLES auf. Skripte, Gesetze, Dokumente, Artikel, Posts,...Am Anfang war das Wort.

2.) Fechte mit den 4 Musketieren

Täglich ein bisschen Sport gegen den Kreativitäts-Killer Stress;

Fülle die erste Tageshälfte mit Macher-Aufgaben: Hier erschaffst du Neues.

2-4 Stunden Deep Work an der wichtigsten Tagesaufgabe gehört hier eingezäunt - und erledigt!

Verwaltungs-Kram und Social Media-Zeug gehört, für Kreative, hinten angestellt.

Darüber hinaus sind stündliche Deadlines der Tod der Kreativität.

Sie lassen die linke, analytische Gehirnhälfte dominieren, wobei wir uns in Details verrennen.

Die rechte, kreative Gehirnhälfte will das große Ganze sehen und zusammensetzen.

Dazu braucht es Raum.

Raum wird in eingezäunten Zeitblöcken von 90 bis 120 Minuten, erobert.

Tages-Ziele motivieren.

Deadlines sind gut, solange es sich um Wochen-basierte oder Monats-basierte Fixpunkte handelt.

Sei ein regelmäßiger Spaziergänger: Einige der Werke von Friedrich Nietzsche sind bis heute nicht entziffert. Er prägte den Begriff „Wander-Philosophie“ und schrieb beim Gehen. Beim langen Gang werden beide Gehirnhälften gleichmäßig durchblutet, was für kreative Denk-Impulse sorgt. Nicht nur die Füße sollten wandern, sondern auch der Geist. Kreative Spaziergänger sind technikfreie Spaziergänger!

Umgebe dich mit Querulanten. In dem Fall sind Menschen gemeint, die deine Weltsicht auf den Kopf stellen. Solche, die dir frei Schnauze mitteilen, dass du dir die falschen Fragen stellst. Jene, die dir, auf konstruktive Weise, kommunizieren, dass es so nicht geht, weil sie diese Erfahrung gemacht haben.

Ja-Sager sind der falsche Umgang für Kreative. Dank unserer vernetzten Welt lauern die Nonkonformisten an jeder Ecke, um sich einen Spaß daraus zu machen, Autoritäten ein Schnippchen zu schlagen.

Der Unterschied zwischen kreativen Rebellen und Punks ist, dass die kreativen Rebellen dir dabei helfen, dir selbst bessere Fragen zu stellen, während Punks einfach nur dagegen sind, um dagegen zu sein.

Durch die Verbesserung der eigenen Introspektion, erschaffst du, durch bessere Antworten (damit bessere Lösungen) Momentum, das dich lebenslang rollen lässt. Wie es die Querulanten-Legende, George Orwell, passend auf den Punkt brachte: "Ein guter Lehrer macht sich mit der Zeit überflüssig."

3.) Höre auf, wenn es am schönsten ist:

Auch wenn es kontraintuitiv klingt: Verschiebe den Ideen-Fluss, mitten drin, auf morgen. Es wird sich bis dahin noch mehr stauen. Das liegt am Zeigarnik-Effekt: Unser Gehirn hasst offene Schlaufen und tut alles, um sie zu schließen.

Umkehrschluss: Mehr bewusste Schlaufen = mehr zu schließende Schlaufen.

Lass diesen Effekt für dich arbeiten und höre mitten im Satz auf, zu schrei…

4.) Verwandle Frustration in Faszination

Jeder Kreative kennt es, das frustrierende Gefühl, einfach nicht weiterzukommen.

Frustration ist unser Freund. Sie ist Teil des kreativen Prozesses.

Frustration ist ein Zeichen für Ehrgeiz.

Meistens ist es so, dass der Durchbruch direkt um die Ecke lauert.

Kanalisiere deine Wut in Textform und erschaffe etwas daraus. Du musst es nicht publizieren, wirst jedoch weiser daraus hervorgehen - und dich gleichzeitig selbst therapieren, wie es der junge Goethe mit seinem jungen Werther tat.

5. Sei ein hungriger Künstler:

Als der russische Autor Fjodor Dostojewski, als junger Mann, einer Splitter-Gruppe beiwohnte, die eine Verschwörung gegen den Zaren plante, wurde er deswegen zum Tode verurteilt.

Während das Erschießungs-Kommando die Waffen anlegte, kam kurzerhand der Befehl, das Urteil doch nicht zu vollstrecken: eine Macht-Demonstration des Zaren.

Dostojewski und seine Genossen bekamen den Trostpreis: Jahre des Arbeitslagers in Sibirien. Der junge Fjodor dachte jeden Tag, es sei sein letzter.

Mit diesem Mindset im Rücken schrieb er seine Schriften. Zurück aus Sibirien behielt er es sich bei: teilweise verspielte und versoff er seine gesamten Tantiemen, um dieses Gefühl von einst wieder herzustellen - und schreiben zu MÜSSEN.

Der Autor Robert Greene nennt das die Death Ground -Strategy.

Die alten Chinesen verbrannten, buchstäblich, alle Brücken hinter sich, bevor sie in die Schlacht zogen.

Die Römer taten es mit ihren Schiffen gleich, bevor sie eine Insel angriffen.

Napoleon manövrierte sich bewusst in ausweglose Situationen, in denen es nur eine Richtung gab.

Sink or swim, wie die Amerikaner sagen.

Woher soll die Motivation eines satten Menschen kommen, jagen zu gehen?

Wer den Durst stillt, kehrt der Quelle den Rücken. Du darfst deine Lebensziele nie komplett erreichen. Das hält dich länger am Leben.

6) Kooperiere mit anderen Profis:

Du solltest dich um dein Territorium - und nur um dein Territorium kümmern!

Das ist deine Hood, die du, wie deine Westentasche, kennst. Wenn dein Territorium, also Kern-Bereich, das Schreiben ist, dann schreib. Wenn es Video-Produktion ist, dann erstelle regelmäßig Videos.

Lass den Rest entsprechende Experten machen. Deine Zeit mit deinen stärksten Waffen zu verbringen, lässt dich deine Ergebnisse multiplizieren. Alles andere ist für dich Zeitverschwendung.

Dafür gibt es Experten, die wiederum im jeweiligen Bereich ihr Waffen-Arsenal bereitliegen haben.

Schließe mit diesen Profis Allianzen, ansonsten endest du wie Napoleon in Waterloo.

7.) Sei der Gejagte:

Behalte im Hinterkopf, dass es 100.000 Menschen wie dich gibt. Davon sind einige jünger, gutaussehender und gebildeter als du. Diese gesunde Paranoia hält dich langfristig hungrig.

8.) Setze Systeme über Ziele:

Wie es der Sachbuch-Autor John McPhee pointierte: “Ich warte, bis mich die Eingebung trifft. Glücklicherweise kommt sie jeden Tag pünktlich um 9.00 Uhr.”

Wenn du dich hinsetzt und Schrift stellst, wird Schrift noch mehr Schrift erzeugen; eine Idee jagt dann die nächste.

Es gehört zum Alltag eines Schriftstellers, keine Lust zu haben und sich fantasielos zu fühlen - aber sobald du in die Tasten haust, sprudelt es!

9.) Nimm beides

Außergewöhnlich kreative Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gleichzeitig beide Spektren bedienen.

Sie sind…

introvertiert und extrovertiert,

smart und naiv,

kompetitiv und kooperativ,

progressiv und konservativ,

differenziert und absolutistisch

Ein Kreativer bildet kein Universum, sondern ein Multiversum.

Wenn Quentin Tarantino einen Film dreht…

Hält er den bekannten Rahmen eines Films ein (konservativ)

Macht alles nach seinen Vorstellungen neu (progressiv)

Spielt mit Ideen herum wie ein Kind (naiv)

Baut kreative Dialoge ein (smart)

muss mit einer Heerschar anderer zusammenarbeiten (kooperativ)

Das Film-Business ist ein kompetitives Pflaster.

Seine Arbeit gilt als extrovertiert.

Quentin Tarantino ist ein introvertierter Typ.

Kreative haben eine hypersensitive rechte Gehirnhälfte. Das macht sie einerseits außerordentlich schöpferisch, andererseits empfinden sie dadurch alle Gefühls-Regungen stärker.

Unter den Kreativen sind fast doppelt so viele manisch-depressiv wie unter den Nicht-Kreativen.

Der Drogen-Konsum ist, aufgrund der Gefühls-Flucht, exorbitant höher, als in der Restbevölkerung (siehe Musik-Industrie).

“Wasch mich, aber mach mich nicht nass” funktioniert nicht - du kaufst immer beide Seiten der Medaille. Das Beste, was du tun kannst, ist, wie in Punkt 4, deine Dämonen in kreative Bahnen zu lenken.

Nutze das Commitment, wie in Punkt 5 erklärt, und halte dein Wort. In erster Linie dir selbst gegenüber. Schreibst du dein Commitment auf, erhöht sich die Erfolgs-Aussicht um 57 %.

Erzählst du jemanden Relevantes von deiner aktuellen Operation, erhöhen sich deine Aussichten um weitere 77 %, da du nun ein Gesicht zu verlieren hast.

Mit diesen zwei einfachen Schritten hast du deine Erfolgs-Chancen mehr als verdoppelt!

Am besten, du verpflichtest dich in guten Zeiten, sodass du es ebenfalls einhältst, wenn du dich nicht danach fühlst.